Frau Prof. Nicole Timm, Sie sind die Leiterin des Studiengangs Costume- & Make-Up Design. Was ist ein Kostüm ?
Kultur- und Kostümgeschichte, Soziologie und Mode, Bildende Kunst oder Reflektion von Phänomenen unserer Zeit, die in der Kleidung des modernen Menschen sichtbar werden...all dies sind Faktoren, die ein Kostüm beeinflussen. Ein Kostüm ist ein gestalterisches Werkzeug, womit eine Welt oder eine Haltung zur Welt erzählt werden kann. Oder mit dessen Hilfe man in eine andere Welt eintauchen kann.
Ein Kostüm wird von einem Darsteller oder einer Darstellerin getragen - von Schauspieler*innen, Sänger*innen, Musiker*innen, Laiendarsteller*innen Artist*innen oder Performer*innen.
Ein Kostüm befindet sich meist im Kontext der Narration, des szenischen Erzählens und entsteht in Dynamik zwischen vielen möglichen Faktoren: Musik, Sprache/Literatur, Raum/Bühnenbild, Licht, Dramaturgie/Regie, Körper & Spielweise oder Performance der Darstellenden.
Der Bühnenraum bzw. der Ort, an dem es getragen wird, hat großen Einfluss auf die Silhouette, die Materialauswahl und die Ausführung eines Kostüms und auf die Maske. Dabei ist auch die Frage nach der Betrachtungsperspektive entscheidend: Aus welcher Distanz oder Nähe betrachten die Zuschauenden den von mir gestalteten Menschen ? Und betrachtet das Publikum die Performance oder das Spiel über einen Bildschirm, eine Kinoleinwand oder live auf einer Bühne ? Gibt es Close-Ups oder ein hohes Maß an Fernwirkung ?
Daran werden die gestalterischen Elemente eines Kostüms angepasst.
Wie sehen Sie die Ausrichtung des Studiengangs in Bezug auf zukünftige Arbeitsfelder ?
Ich arbeite selbst, neben meiner Hochschultätigkeit, als freiberufliche Kostüm- & Bühnenbildnerin & Szenografin in ganz unterschiedlichen künstlerischen Tätigkeitsfeldern: Theater, Oper, Tanz, Musikbusiness, Performativer Raum, Video/Film und Interventionen im öffentlichen Raum.
Diese Offenheit allen künstlerischen Wirkungsfeldern gegenüber und die Fähigkeit, grenzüberschreitend zu arbeiten, zu spielen, möchte ich den Studierenden vermitteln und weitergeben. Unser Beruf bleibt lebendig und in Bewegung.
Wir arbeiten mit dem Mittel der Kostümierung - des Kostüms und der Maske - und wenn wir verstehen, welche Wirkung ein Kostüm hat auf die Darstellenden und die Zuschauenden und dass es ein Werkzeug ist, worüber eine Welt oder eine Haltung zur Welt, in der der oder die Darsteller*in agiert, erzählt werden kann, dann kann man das auf ganz unterschiedliche künstlerische oder kommerzielle Arbeitsfelder übertragen. Davon bin ich überzeugt.
Ich möchte die Studierenden auch dazu ermutigen, neue Arbeitsfelder für sich zu entdecken bzw. zu erfinden, denn die Potentiale unseres Berufs sind noch lange nicht ausgeschöpft.
Wie sehen Sie den Studiengang Costume und Make-up Design eingebettet in eine Businessschool und eine Fakultät mit dem Titel „Creative Business“ ?
Die Kulturbranche hat sich stark verändert in den letzten Jahrzenten. Die Absolvent*innen müssen heute flexibler sein und schneller auf Veränderungen und Möglichkeiten reagieren können. Es ist nicht mehr üblich, dass Kostümbildner*innen oder Make-up-Artists in einer von ihnen gewählten künstlerischen Sparte bleiben, ohne ihre Wirkungsfelder zu erweitern. Was nicht unbedingt negativ gedeutet werden muss, es kann auch eine große Chance und Bereicherung bedeuten. Mir persönlich geht das so.
Neue Wege der künstlerischen Selbstorganisation -auch der ökonomischen- sind inzwischen üblich. Neue Formen der Zusammenarbeit entstehen, selbstständige Künstler*innenkollektive und Projekte in Eigenorganisation – von der Konzeption über die Budget-Rekrutierung und -Verwaltung bis hin zur Durchführung, sind mittlerweile fester Bestandteil der Kunst- & Kulturszene.
Heute brauchen freiberufliche Kostümbildner*innen und Make-up-Artists mehr ökonomisch-fundiertes Know-how, um breiter aufgestellt zu sein. Daher ist es an dieser Hochschule von Vorteil, dass Ihnen das mit auf den Weg gegeben wird.
Welche Studierende möchten Sie für den Studiengang gewinnen ?
Menschen, die neugierig sind auf die Welt, in der sie sich bewegen, die offen sind für Vielfalt, die gerne andere Menschen beobachten, die sich gesellschaftliche Fragen stellen und die Freude haben an kreativem Gestalten.